Antrag: | Auszug Antrag GSP für BAG Energie ÄA |
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Antragsteller*in: | Simon Müller (KV Friedrichshain Kreuzberg) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 07.09.2020, 22:37 |
Ä37 zu A1: Auszug Antrag GSP für BAG Energie ÄA
Antragstext
Von Zeile 37 bis 38 einfügen:
Sektoren Strom, Wärme, Verkehr, Industrie, Dienstleistungen und Landwirtschaft nötig.
Eine schnelle und konsequente Dekarbonisierung ist nicht nur essentiell für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Sie ermöglicht auch eine nachhaltige Modernisierung unserer Volkswirtschaft und sichert so gesellschaftlichen Wohlstand und Arbeitsplätze.
(53) Nach dem fossilen Zeitalter beginnt die ökologische Moderne. War der
Fortschritt der Moderne bislang angetrieben von Kohle, Öl und Gas und verlagerte
er seine sozialen und ökologischen Kosten zu großen Teilen in andere
Weltregionen und in die Zukunft, geht es beim Fortschritt heute darum, die
natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren sowie den gegenwärtigen und kommenden
Generationen weltweit ein Leben in Freiheit, Würde und Wohlstand zu ermöglichen.
Je entschiedener wir handeln, umso mehr Freiheiten und Alternativen haben wir in
den kommenden Jahrzehnten.
(54) In der ökologischen Moderne ist das Prinzip der Nachhaltigkeit leitend. Die
natürlichen Ressourcen dürfen demnach nur in dem Maße genutzt werden, wie sie
sich auch wieder erneuern können. Das gilt für Technologien, Wirtschaftsweisen,
für den privaten Verbrauch und Konsum. Konkret bedeutet das: Politische
Entscheidungen müssen daran gemessen werden, ob ihre Folgen mit der Einhaltung
der planetaren Grenzen vereinbar sind.
(55) Wir leben in Zeiten der Klimakrise. Der Anstieg der Meeresspiegel bedroht
das Leben an den Küsten. Trockenheit und Wüstenbildung zerstören Lebensräume von
Mensch und Tier. Hitzesommer und Wetterextreme sorgen für extreme Schäden und
nehmen lebensbedrohliche Ausmaße an. Es ist Aufgabe der Menschheit, die
Katastrophe so weit wie möglich zu verhindern. Leitlinie ist das Klimaabkommen
von Paris, das vorsieht, die Erderhitzung auf deutlich unter zwei Grad,
möglichst auf 1,5 Grad, zu begrenzen. Europa muss so schnell wie möglich
Klimaneutralität erreichen. Deutschland als einem der größten Verursacher von
Treibhausgasen kommt dabei eine besondere Verantwortung zu. Jedes Zehntelgrad
weniger Erhitzung zählt.
(56) Maßstab erfolgreicher Klimapolitik ist der Budget-Ansatz. Er zeigt auf, wie
viele Treibhausgasemissionen jedes Land noch ausstoßen darf, um den eigenen
Anteil am Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Daraus folgt die Notwendigkeit,
jeden Tag konkret zu handeln. „Morgen ist auch noch ein Tag“ gilt beim
Klimaschutz nicht. Nur wenn substanzielle Einsparungen schnell erzielt werden,
gibt es später noch ausreichend Handlungsspielraum.
(57) Der Übergang zu 100 Prozent erneuerbaren Energien, der Ausstieg aus Kohle,
Öl und Gas und damit die Dekarbonisierung sind die Schlüsselaufgaben des
Klimaschutzes. Die Dekarbonisierung aller Wirtschaftsprozesse gelingt nur, wenn
Rohstoffe und die für ihre Herstellung nötige und in ihnen gespeicherte Energie
massiv eingespart, möglichst vollständig im Kreislauf geführt und hocheffizient
genutzt werden. Dafür ist eine völlig neue Vernetzung innerhalb und zwischen den
Sektoren Strom, Wärme, Verkehr, Industrie, Dienstleistungen und Landwirtschaft
nötig.
Eine schnelle und konsequente Dekarbonisierung ist nicht nur essentiell für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Sie ermöglicht auch eine nachhaltige Modernisierung unserer Volkswirtschaft und sichert so gesellschaftlichen Wohlstand und Arbeitsplätze.
(58) Technologie ist als Beitrag für Klimaneutralität notwendig. Technologische
Lösungen müssen immer dem Vorsorgeprinzip folgen. Das heißt, dass die Abwägung
von Nutzen und Schäden, mögliche Umkehrbarkeit sowie die Eingriffstiefe zu
berücksichtigen sind. Sie werden grundlegende Veränderungen und schnelles
Handeln nicht ersetzen, sondern nur ergänzen können.
(59) Die Digitalisierung kann einen großen Beitrag für den Klimaschutz leisten.
Sie ermöglicht es, eine schwankende erneuerbare Produktion mit dem Verbrauch eng
zu verzahnen und so den Energiebedarf zu senken. Das Potential der
Digitalisierung für Ressourceneffizienz, sparsamen Energieverbrauch,
Dematerialisierung und Suffizienz soll bestmöglich gefördert werden. Zugleich
zeigt die Digitalisierung bisher selbst einen ungezügelten Ressourcenhunger.
Daher muss sie mit Maßnahmen flankiert werden, die den Ressourcenverbrauch
begrenzen und Rebound-Effekte vermeiden.
(60) Erneuerbare Energien sind dezentral in der Erzeugung, aber eine Versorgung
mit ihnen wird leichter sicherzustellen sein, je größer der Raum ist. Unser
Kontinent hat die richtige Größe für die Energiewende. Die europäische
Energieunion soll die verschiedenen Stärken der Regionen – Solarenergie im
Süden, Geothermie und Wasserkraft in Skandinavien und den Alpen, Offshore-
Windkraft im Atlantik, im Mittelmeer und in der Ostsee, Onshore-Windkraft in
ganz Europa – miteinander verbinden. Zentral dafür sind Aufbau und Nutzung von
Netzen und Speichern. Entscheidende Akteur*innen der Energiewende sind die
Bürger*innen und Kommunen, aber auch regionale Unternehmen und das Handwerk.
(61) Es braucht eine vorausschauende Energieaußenpolitik. Denn auch im Zeitalter
der erneuerbaren Energien wird es Energieimporte geben. Sie hilft den
Partnerländern beim Aufbau der entsprechenden Strukturen und stellt sicher, dass
die importierte Energie nachhaltig und unter sozial gerechten Bedingungen
erzeugt wurde.
(62) Um die Klimakrise zu bewältigen, ist es weder notwendig noch vertretbar,
zur Atomkraft zurückzukehren. Diese Hochrisikotechnologie birgt eine
existenzielle Bedrohung für Natur, Mensch und Tier.
(63) (Es ist Aufgabe in diesem Jahrzehnt, ein Endlager für den hochradioaktiven
Atommüll mit höchstmöglichen Sicherheitsstandards und bei bestmöglichen
geologischen Bedingungen zu finden. Bei der Suche ist die
gesamtgesellschaftliche Verantwortung vor regionale Eigeninteressen zu stellen.
(64) Der Verlust an Biodiversität ist so dramatisch wie die Klimakrise.
Schlimmer noch: Die beiden Krisen bedingen sich gegenseitig und können daher
auch nur gemeinsam gelöst werden. Die Roten Listen und die planetaren Grenzen
müssen als „Barometer des Lebens“ zum Gradmesser für politische
Handlungsleitlinien werden, denn die biologische Vielfalt sichert das Leben auf
dem Planeten. Ökologischer Landbau, die Ökologisierung der konventionellen
Landwirtschaft, der Erhalt wertvoller Lebensräume, mehr Schutzgebiete und
Biotope sowie mehr freie Natur an Land, in Flüssen, Seen und im Meer sind als
wirksamer Schutz für Artenvielfalt und Umwelt zu betreiben.
(65) Das Vordringen des Menschen in die letzten, noch nicht zerstörten
natürlichen Gebiete und die grenzenlose Aneignung von Umwelt und Tierwelt zum
Verbrauch oder Verzehr gefährden nicht nur die Natur, sondern auch die
menschliche Gesundheit. Sogenannte zoonotische Krankheiten können fatale
gesellschaftliche Folgen haben. Der Schutz von Ökosystemen trägt auch dazu bei,
Seuchen und Pandemien zu verhindern.
(66) Die Wiedervernässung von Moorböden und ein nachhaltiger Waldumbau – weg von
Monokulturen und hin zu naturnahen, klimaresilienten Mischwäldern – leisten
einen großen Beitrag, um den CO2-Ausstoß zu senken. Dazu müssen die
Trockenlegung von Mooren und die Abholzung von Wäldern gestoppt werden.
(67) Artenschutz erfordert den Schutz von Lebensräumen und mehr Wissen. Das Ziel
ist der Aufbau eines vernetzten Verbundes von Schutzflächen. Die Forschung über
die verschiedenen Arten und ihr Zusammenspiel im Ökosystem soll gefördert
werden, denn geschätzt sind heute weniger als ein Viertel aller Arten bekannt.
Zum Schutz von Arten gehört es auch, den Wildtierhandel und die Trophäenjagd
effektiv zu unterbinden. Zudem sollen alle Bestände der großen Naturkundemuseen
digitalisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
(68) Ein Ende der Verschmutzung der Erde mit Luft- und Wasserschadstoffen,
Plastik, Müll, giftigen Chemikalien und Pestiziden ist essenziell für Umwelt-
und Klimaschutz. Leitlinien für die Regulierung von Umweltverschmutzungen sind
das Vorsorge- und Verursacherprinzip. Wenn Schadstoffe bereits Teil von
Produkten und Produktionsverfahren sind, lassen sich ihre Umweltauswirkungen
nachträglich in der Regel nur unvollständig und zu hohen Kosten begrenzen.
Vorrang haben deshalb Gebote für umweltverträgliche Produkte und
Produktionsverfahren.
(69) Um den Raubbau an der Natur zu beenden, muss der absolute Verbrauch von
natürlichen Ressourcen substanziell und rasch reduziert werden. Dies gilt auch
für Ressourcen, die importiert werden. Die Achtung der planetaren Grenzen
bedeutet, dass Wohlstand und Lebensqualität so weit wie möglich vom
Ressourcenverbrauch entkoppelt und Ressourcen in geschlossene Stoffkreisläufe
überführt werden.
(70) Eine zukunftsfähige Landwirtschaft arbeitet mit der Natur. Statt wachsender
Abhängigkeit von Pestiziden, Weltmärkten, wenigen Großkonzernen und engen
Produktionszwängen gehört die Zukunft einer modernen, regional verwurzelten
Landwirtschaft, die ältestes Wissen mit modernen Techniken und digitalen
Lösungen kombiniert. Sie produziert nicht für Märkte, sondern für Menschen, die
ein Recht auf sichere, gesunde und nachhaltige Lebensmittel haben. Sie arbeitet
ressourcenschonend, naturverträglich und tiergerecht. Der Wandel hin zur
zukunftsfähigen Landwirtschaft gelingt nur zusammen mit den Bäuer*innen.
(71) Die Sicherung und Versorgung mit Nahrungsmitteln ist ein hohes Gut. Der
Landwirtschaft gebührt Anerkennung, dass sie dies gewährleistet. Im Sinne der
globalen Ernährungssouveränität gilt es, bäuerliche Strukturen zu stärken sowie
regionale Wertschöpfungsketten und solidarische Systeme zu fördern, dagegen die
Exportorientierung der Landwirtschaft zulasten anderer Regionen abzubauen. Ziel
muss sein, dass Bäuer*innen einen Ausweg aus dem System des „Wachse oder Weiche“
erhalten. Dazu gehört auch, dass sie für ihre vielfältigen Gemeinwohlleistungen
gezielt entlohnt werden.
(72) Tiere haben Rechte und dürfen nicht zu Rohstofflieferanten degradiert
werden. Solange Menschen Tiere halten, um sie zu töten und zu essen oder um ihre
Produkte zu nutzen, sind wir verpflichtet, für mehr Tierschutz und mehr Tierwohl
in der Tierhaltung zu sorgen. Entsprechend ist die Landwirtschaft so zu
gestalten, dass entlang den Bedürfnissen von Tieren gewirtschaftet werden kann.
Es sollen immer weniger Tiere immer besser gehalten werden. So sinkt auch der
Konsum von Fleisch und anderen tierischen Lebensmitteln. Tierversuche müssen
konsequent reduziert und möglichst überflüssig werden.
(73) Jeder Mensch hat das Recht auf Mobilität. Sie ermöglicht Freiheit und
Teilhabe und ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Sie muss sich an den
menschlichen Bedürfnissen orientieren, barrierefrei gestaltet sein und zugleich
die planetaren Grenzen wahren. Eine sozial-ökologische Mobilitätspolitik schafft
dieVerkehrswende und garantiert allen Menschen nachhaltige Mobilität. Sie sorgt
für bessere Luft, weniger Verkehrslärm und stärkt die Sicherheit. Vision ist ein
Straßenverkehr, in dem keine Menschen mehr sterben.
(74) Die öffentliche Förderung der einzelnen Verkehrsmittel muss sich in Zukunft
am ökologischen Fußabdruck ausrichten. Es gilt das Prinzip: Schiene stärken,
Straßen- und Luftverkehr dekarbonisieren. Der Raum in den Städten wird Stück für
Stück neu aufgeteilt. Sichere und barrierefreie Infrastruktur für
Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und Menschen mit Behinderung sowie ein
attraktiver, kostengünstiger und verlässlicher Nahverkehr bilden das Rückgrat
einer sozial-ökologischen Mobilität. Insgesamt wird es deutlich weniger Autos
und weniger unnötigen Verkehr geben, die Autozentrierung von Verkehrspolitik,
Stadtplanung und Gesellschaft gehört der Vergangenheit an, die Zukunft gehört
der autofreien Innenstadt.
(75) Die Mobilität in der ökologischen Moderne ist vernetzt und digital.
Verschiedene Mobilitätsformen greifen nahtlos ineinander und ermöglichen
individuelle Mobilität, ohne ein eigenes Auto besitzen zu müssen.
(76) Gerade im ländlichen Raum werden auch in Zukunft viele Menschen weiterhin
auf das Auto angewiesen sein. Dazu muss es jedoch emissionsfrei und digital
vernetzt sein. Nicht mehr das Parken, sondern das Nutzen steht im Fokus.
(77) Die Verkehrswende in der Stadt und auf dem Land gelingt nur mit einer
starken Bahn. Das erfordert einen Aus- und Umbau des öffentlichen Nah- und
Fernverkehrs. Dazu gehören die Anbindung an Regionalzentren auch über
Landkreisgrenzen und nationale Grenzen hinweg sowie der Ausbau des
Schienennetzes, damit alle größeren Städte angebunden sind und Kurzstreckenflüge
überflüssig werden. Die europäischen Großstädte sind durch schnelle
transnationale Bahnverbindungen, ein komfortables Nachtzugangebot und ein
einheitliches europäisches Buchungssystem zu vernetzen. Auch der Güterverkehr
muss dekarbonisiert werden.
(78) Im urbanen Raum zeigen sich die Herausforderungen der ökologischen Moderne
wie unter einem Brennglas. Das überholte Leitbild der autogerechten Stadt kostet
Lebensqualität und macht krank. Durch mehr Flächen für Wohnen und Freizeit, für
saubere Luft, städtisches Leben, Stadtgrün und Erholung entsteht die lebenswerte
Stadt mit kurzen Wegen, in der die Menschen gerne wohnen.
(79) Die lebenswerte Stadt der Zukunft ist eine Null-Emissionen-Stadt. Dies
gelingt, wenn erneuerbare Energien, saubere Mobilität und klimaneutrales Heizen
verbunden werden. Dazu gehören Dächer, die Sonnenstrom erzeugen, sowie Gebäude,
die nachhaltig gedämmt sind und die vielfältigen klimafreundlichen Wärmequellen
gemeinsam nutzen.
(80) Wohnungen sowie öffentliche und gewerbliche Gebäude sollen CO2-neutral
geheizt, gekühlt und beleuchtet werden. Klimagerechte Energiestandards für Neu-
und Altbauten sowie Wärme- und Kühlsysteme, die auf erneuerbaren Energien
basieren, geben den Weg dahin vor. Nachhaltige und möglichst kreislauffähige
Baumaterialien schützen das Klima.
Von Zeile 37 bis 38 einfügen:
Sektoren Strom, Wärme, Verkehr, Industrie, Dienstleistungen und Landwirtschaft nötig.
Eine schnelle und konsequente Dekarbonisierung ist nicht nur essentiell für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Sie ermöglicht auch eine nachhaltige Modernisierung unserer Volkswirtschaft und sichert so gesellschaftlichen Wohlstand und Arbeitsplätze.
(53) Nach dem fossilen Zeitalter beginnt die ökologische Moderne. War der
Fortschritt der Moderne bislang angetrieben von Kohle, Öl und Gas und verlagerte
er seine sozialen und ökologischen Kosten zu großen Teilen in andere
Weltregionen und in die Zukunft, geht es beim Fortschritt heute darum, die
natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren sowie den gegenwärtigen und kommenden
Generationen weltweit ein Leben in Freiheit, Würde und Wohlstand zu ermöglichen.
Je entschiedener wir handeln, umso mehr Freiheiten und Alternativen haben wir in
den kommenden Jahrzehnten.
(54) In der ökologischen Moderne ist das Prinzip der Nachhaltigkeit leitend. Die
natürlichen Ressourcen dürfen demnach nur in dem Maße genutzt werden, wie sie
sich auch wieder erneuern können. Das gilt für Technologien, Wirtschaftsweisen,
für den privaten Verbrauch und Konsum. Konkret bedeutet das: Politische
Entscheidungen müssen daran gemessen werden, ob ihre Folgen mit der Einhaltung
der planetaren Grenzen vereinbar sind.
(55) Wir leben in Zeiten der Klimakrise. Der Anstieg der Meeresspiegel bedroht
das Leben an den Küsten. Trockenheit und Wüstenbildung zerstören Lebensräume von
Mensch und Tier. Hitzesommer und Wetterextreme sorgen für extreme Schäden und
nehmen lebensbedrohliche Ausmaße an. Es ist Aufgabe der Menschheit, die
Katastrophe so weit wie möglich zu verhindern. Leitlinie ist das Klimaabkommen
von Paris, das vorsieht, die Erderhitzung auf deutlich unter zwei Grad,
möglichst auf 1,5 Grad, zu begrenzen. Europa muss so schnell wie möglich
Klimaneutralität erreichen. Deutschland als einem der größten Verursacher von
Treibhausgasen kommt dabei eine besondere Verantwortung zu. Jedes Zehntelgrad
weniger Erhitzung zählt.
(56) Maßstab erfolgreicher Klimapolitik ist der Budget-Ansatz. Er zeigt auf, wie
viele Treibhausgasemissionen jedes Land noch ausstoßen darf, um den eigenen
Anteil am Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Daraus folgt die Notwendigkeit,
jeden Tag konkret zu handeln. „Morgen ist auch noch ein Tag“ gilt beim
Klimaschutz nicht. Nur wenn substanzielle Einsparungen schnell erzielt werden,
gibt es später noch ausreichend Handlungsspielraum.
(57) Der Übergang zu 100 Prozent erneuerbaren Energien, der Ausstieg aus Kohle,
Öl und Gas und damit die Dekarbonisierung sind die Schlüsselaufgaben des
Klimaschutzes. Die Dekarbonisierung aller Wirtschaftsprozesse gelingt nur, wenn
Rohstoffe und die für ihre Herstellung nötige und in ihnen gespeicherte Energie
massiv eingespart, möglichst vollständig im Kreislauf geführt und hocheffizient
genutzt werden. Dafür ist eine völlig neue Vernetzung innerhalb und zwischen den
Sektoren Strom, Wärme, Verkehr, Industrie, Dienstleistungen und Landwirtschaft
nötig.
Eine schnelle und konsequente Dekarbonisierung ist nicht nur essentiell für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Sie ermöglicht auch eine nachhaltige Modernisierung unserer Volkswirtschaft und sichert so gesellschaftlichen Wohlstand und Arbeitsplätze.
(58) Technologie ist als Beitrag für Klimaneutralität notwendig. Technologische
Lösungen müssen immer dem Vorsorgeprinzip folgen. Das heißt, dass die Abwägung
von Nutzen und Schäden, mögliche Umkehrbarkeit sowie die Eingriffstiefe zu
berücksichtigen sind. Sie werden grundlegende Veränderungen und schnelles
Handeln nicht ersetzen, sondern nur ergänzen können.
(59) Die Digitalisierung kann einen großen Beitrag für den Klimaschutz leisten.
Sie ermöglicht es, eine schwankende erneuerbare Produktion mit dem Verbrauch eng
zu verzahnen und so den Energiebedarf zu senken. Das Potential der
Digitalisierung für Ressourceneffizienz, sparsamen Energieverbrauch,
Dematerialisierung und Suffizienz soll bestmöglich gefördert werden. Zugleich
zeigt die Digitalisierung bisher selbst einen ungezügelten Ressourcenhunger.
Daher muss sie mit Maßnahmen flankiert werden, die den Ressourcenverbrauch
begrenzen und Rebound-Effekte vermeiden.
(60) Erneuerbare Energien sind dezentral in der Erzeugung, aber eine Versorgung
mit ihnen wird leichter sicherzustellen sein, je größer der Raum ist. Unser
Kontinent hat die richtige Größe für die Energiewende. Die europäische
Energieunion soll die verschiedenen Stärken der Regionen – Solarenergie im
Süden, Geothermie und Wasserkraft in Skandinavien und den Alpen, Offshore-
Windkraft im Atlantik, im Mittelmeer und in der Ostsee, Onshore-Windkraft in
ganz Europa – miteinander verbinden. Zentral dafür sind Aufbau und Nutzung von
Netzen und Speichern. Entscheidende Akteur*innen der Energiewende sind die
Bürger*innen und Kommunen, aber auch regionale Unternehmen und das Handwerk.
(61) Es braucht eine vorausschauende Energieaußenpolitik. Denn auch im Zeitalter
der erneuerbaren Energien wird es Energieimporte geben. Sie hilft den
Partnerländern beim Aufbau der entsprechenden Strukturen und stellt sicher, dass
die importierte Energie nachhaltig und unter sozial gerechten Bedingungen
erzeugt wurde.
(62) Um die Klimakrise zu bewältigen, ist es weder notwendig noch vertretbar,
zur Atomkraft zurückzukehren. Diese Hochrisikotechnologie birgt eine
existenzielle Bedrohung für Natur, Mensch und Tier.
(63) (Es ist Aufgabe in diesem Jahrzehnt, ein Endlager für den hochradioaktiven
Atommüll mit höchstmöglichen Sicherheitsstandards und bei bestmöglichen
geologischen Bedingungen zu finden. Bei der Suche ist die
gesamtgesellschaftliche Verantwortung vor regionale Eigeninteressen zu stellen.
(64) Der Verlust an Biodiversität ist so dramatisch wie die Klimakrise.
Schlimmer noch: Die beiden Krisen bedingen sich gegenseitig und können daher
auch nur gemeinsam gelöst werden. Die Roten Listen und die planetaren Grenzen
müssen als „Barometer des Lebens“ zum Gradmesser für politische
Handlungsleitlinien werden, denn die biologische Vielfalt sichert das Leben auf
dem Planeten. Ökologischer Landbau, die Ökologisierung der konventionellen
Landwirtschaft, der Erhalt wertvoller Lebensräume, mehr Schutzgebiete und
Biotope sowie mehr freie Natur an Land, in Flüssen, Seen und im Meer sind als
wirksamer Schutz für Artenvielfalt und Umwelt zu betreiben.
(65) Das Vordringen des Menschen in die letzten, noch nicht zerstörten
natürlichen Gebiete und die grenzenlose Aneignung von Umwelt und Tierwelt zum
Verbrauch oder Verzehr gefährden nicht nur die Natur, sondern auch die
menschliche Gesundheit. Sogenannte zoonotische Krankheiten können fatale
gesellschaftliche Folgen haben. Der Schutz von Ökosystemen trägt auch dazu bei,
Seuchen und Pandemien zu verhindern.
(66) Die Wiedervernässung von Moorböden und ein nachhaltiger Waldumbau – weg von
Monokulturen und hin zu naturnahen, klimaresilienten Mischwäldern – leisten
einen großen Beitrag, um den CO2-Ausstoß zu senken. Dazu müssen die
Trockenlegung von Mooren und die Abholzung von Wäldern gestoppt werden.
(67) Artenschutz erfordert den Schutz von Lebensräumen und mehr Wissen. Das Ziel
ist der Aufbau eines vernetzten Verbundes von Schutzflächen. Die Forschung über
die verschiedenen Arten und ihr Zusammenspiel im Ökosystem soll gefördert
werden, denn geschätzt sind heute weniger als ein Viertel aller Arten bekannt.
Zum Schutz von Arten gehört es auch, den Wildtierhandel und die Trophäenjagd
effektiv zu unterbinden. Zudem sollen alle Bestände der großen Naturkundemuseen
digitalisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
(68) Ein Ende der Verschmutzung der Erde mit Luft- und Wasserschadstoffen,
Plastik, Müll, giftigen Chemikalien und Pestiziden ist essenziell für Umwelt-
und Klimaschutz. Leitlinien für die Regulierung von Umweltverschmutzungen sind
das Vorsorge- und Verursacherprinzip. Wenn Schadstoffe bereits Teil von
Produkten und Produktionsverfahren sind, lassen sich ihre Umweltauswirkungen
nachträglich in der Regel nur unvollständig und zu hohen Kosten begrenzen.
Vorrang haben deshalb Gebote für umweltverträgliche Produkte und
Produktionsverfahren.
(69) Um den Raubbau an der Natur zu beenden, muss der absolute Verbrauch von
natürlichen Ressourcen substanziell und rasch reduziert werden. Dies gilt auch
für Ressourcen, die importiert werden. Die Achtung der planetaren Grenzen
bedeutet, dass Wohlstand und Lebensqualität so weit wie möglich vom
Ressourcenverbrauch entkoppelt und Ressourcen in geschlossene Stoffkreisläufe
überführt werden.
(70) Eine zukunftsfähige Landwirtschaft arbeitet mit der Natur. Statt wachsender
Abhängigkeit von Pestiziden, Weltmärkten, wenigen Großkonzernen und engen
Produktionszwängen gehört die Zukunft einer modernen, regional verwurzelten
Landwirtschaft, die ältestes Wissen mit modernen Techniken und digitalen
Lösungen kombiniert. Sie produziert nicht für Märkte, sondern für Menschen, die
ein Recht auf sichere, gesunde und nachhaltige Lebensmittel haben. Sie arbeitet
ressourcenschonend, naturverträglich und tiergerecht. Der Wandel hin zur
zukunftsfähigen Landwirtschaft gelingt nur zusammen mit den Bäuer*innen.
(71) Die Sicherung und Versorgung mit Nahrungsmitteln ist ein hohes Gut. Der
Landwirtschaft gebührt Anerkennung, dass sie dies gewährleistet. Im Sinne der
globalen Ernährungssouveränität gilt es, bäuerliche Strukturen zu stärken sowie
regionale Wertschöpfungsketten und solidarische Systeme zu fördern, dagegen die
Exportorientierung der Landwirtschaft zulasten anderer Regionen abzubauen. Ziel
muss sein, dass Bäuer*innen einen Ausweg aus dem System des „Wachse oder Weiche“
erhalten. Dazu gehört auch, dass sie für ihre vielfältigen Gemeinwohlleistungen
gezielt entlohnt werden.
(72) Tiere haben Rechte und dürfen nicht zu Rohstofflieferanten degradiert
werden. Solange Menschen Tiere halten, um sie zu töten und zu essen oder um ihre
Produkte zu nutzen, sind wir verpflichtet, für mehr Tierschutz und mehr Tierwohl
in der Tierhaltung zu sorgen. Entsprechend ist die Landwirtschaft so zu
gestalten, dass entlang den Bedürfnissen von Tieren gewirtschaftet werden kann.
Es sollen immer weniger Tiere immer besser gehalten werden. So sinkt auch der
Konsum von Fleisch und anderen tierischen Lebensmitteln. Tierversuche müssen
konsequent reduziert und möglichst überflüssig werden.
(73) Jeder Mensch hat das Recht auf Mobilität. Sie ermöglicht Freiheit und
Teilhabe und ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Sie muss sich an den
menschlichen Bedürfnissen orientieren, barrierefrei gestaltet sein und zugleich
die planetaren Grenzen wahren. Eine sozial-ökologische Mobilitätspolitik schafft
dieVerkehrswende und garantiert allen Menschen nachhaltige Mobilität. Sie sorgt
für bessere Luft, weniger Verkehrslärm und stärkt die Sicherheit. Vision ist ein
Straßenverkehr, in dem keine Menschen mehr sterben.
(74) Die öffentliche Förderung der einzelnen Verkehrsmittel muss sich in Zukunft
am ökologischen Fußabdruck ausrichten. Es gilt das Prinzip: Schiene stärken,
Straßen- und Luftverkehr dekarbonisieren. Der Raum in den Städten wird Stück für
Stück neu aufgeteilt. Sichere und barrierefreie Infrastruktur für
Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und Menschen mit Behinderung sowie ein
attraktiver, kostengünstiger und verlässlicher Nahverkehr bilden das Rückgrat
einer sozial-ökologischen Mobilität. Insgesamt wird es deutlich weniger Autos
und weniger unnötigen Verkehr geben, die Autozentrierung von Verkehrspolitik,
Stadtplanung und Gesellschaft gehört der Vergangenheit an, die Zukunft gehört
der autofreien Innenstadt.
(75) Die Mobilität in der ökologischen Moderne ist vernetzt und digital.
Verschiedene Mobilitätsformen greifen nahtlos ineinander und ermöglichen
individuelle Mobilität, ohne ein eigenes Auto besitzen zu müssen.
(76) Gerade im ländlichen Raum werden auch in Zukunft viele Menschen weiterhin
auf das Auto angewiesen sein. Dazu muss es jedoch emissionsfrei und digital
vernetzt sein. Nicht mehr das Parken, sondern das Nutzen steht im Fokus.
(77) Die Verkehrswende in der Stadt und auf dem Land gelingt nur mit einer
starken Bahn. Das erfordert einen Aus- und Umbau des öffentlichen Nah- und
Fernverkehrs. Dazu gehören die Anbindung an Regionalzentren auch über
Landkreisgrenzen und nationale Grenzen hinweg sowie der Ausbau des
Schienennetzes, damit alle größeren Städte angebunden sind und Kurzstreckenflüge
überflüssig werden. Die europäischen Großstädte sind durch schnelle
transnationale Bahnverbindungen, ein komfortables Nachtzugangebot und ein
einheitliches europäisches Buchungssystem zu vernetzen. Auch der Güterverkehr
muss dekarbonisiert werden.
(78) Im urbanen Raum zeigen sich die Herausforderungen der ökologischen Moderne
wie unter einem Brennglas. Das überholte Leitbild der autogerechten Stadt kostet
Lebensqualität und macht krank. Durch mehr Flächen für Wohnen und Freizeit, für
saubere Luft, städtisches Leben, Stadtgrün und Erholung entsteht die lebenswerte
Stadt mit kurzen Wegen, in der die Menschen gerne wohnen.
(79) Die lebenswerte Stadt der Zukunft ist eine Null-Emissionen-Stadt. Dies
gelingt, wenn erneuerbare Energien, saubere Mobilität und klimaneutrales Heizen
verbunden werden. Dazu gehören Dächer, die Sonnenstrom erzeugen, sowie Gebäude,
die nachhaltig gedämmt sind und die vielfältigen klimafreundlichen Wärmequellen
gemeinsam nutzen.
(80) Wohnungen sowie öffentliche und gewerbliche Gebäude sollen CO2-neutral
geheizt, gekühlt und beleuchtet werden. Klimagerechte Energiestandards für Neu-
und Altbauten sowie Wärme- und Kühlsysteme, die auf erneuerbaren Energien
basieren, geben den Weg dahin vor. Nachhaltige und möglichst kreislauffähige
Baumaterialien schützen das Klima.
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